Ausstellungseröffnung – Bandonion Bremen

Fotografien von Ulrich Schwecke 1/10 sec. Abstraktionen
Im etymologischen Wörterbuch der deutschen Sprache heißt es unter abstrakt: „Entlehnt aus abstractus, eigentlich “abgezogen“ oder abstrahere abziehen, wegziehen” und meint eine für sich allein gedachte Eigenschaft, die aber gar nicht von seinem Substrat getrennt auftreten kann und deshalb von ihm „abgezogen“ werden muss.“

Die Fotos, die U. Schwecke, heute hier ausstellt, folgen dieses Aussage. Ohne die konkreten Gegenstände, Städte, Orte und Menschen können die Bilder nicht „abgezogen“ werden.

Die konkrete Wirklichkeit, so wie wir sie wahrnehmen und auf allen möglichen Formen neurobiologisch verarbeiten, nutzt er mit seinen künstlerischen Mitteln.

Waren seine frühen Fotografien – ich denke dabei vor allem an seinen Pere Lachaise Zyklus – eine face-to-face-Form, die es dem Betrachter erleichterte Wirklichkeit zu erkennen und Vertrautes wahrzunehmen – ach ja im Reiseführer – so zeigen sich seine Fotographien heute reduziert vom Gegenstand. Der Blick auf diese reduzierte Form verstört, die sogenannte Gegenständlichkeit zeigt ein Verhuschen der Farben ein coup`d`oeil fast einen Wimpernschlag.

Mehr Rätseln im Betrachtes Hirn – ist es Venedig, ist es Indien, List auf Sylt, welcher Ort – wo, eine Anstrengung des Erkundens und Abgleichs eigener gemachter Erfahrungen findet statt.

Wir „ziehen ab“ von eigenen Erfahrungen und Bildern und setzen neu zusammen. Wir erkennen Muster, Farben, Strukturen, Gegenstände-Vertraute und Verstörte und produzieren neue Bilder und Empfindungen.

Als ich Ullis neue Fotografien dass erste Mal sah, und mich auf diese Einleitung vorbereitete, musste ich an die französischen Impressionisten denken.

In der Kunst des 20 Jh. aus dem Taschenverlag, schreibt Ruhrberg:
„Der Impressionismus ist die Geburtsstunde der subjektiven Kunst. Nicht das Was des Motivs, sondern das Wie der malerischen Darstellung entscheidet über Rang und Bedeutung eines Bildes. “Ich male, was ich sehe, und nicht das, was andere zu sehen belieben“ sagte der junge Manet.

Die Kamera ist zum mechanischen Pendant der traditionellen künstlerischen Werkzeuge, Pinsel, Zeichenstift, Hammer und Meißel geworden.

Lange Belichtungszeiten und 1/10 sec. sind die neuen Metaphern des künstlerischen Ausdruckes.

Der Kunstkritiker R. Schmitz erlebt nach einer Ausstellung von Sherman, Mike Kelly
sein “Erstaunen über die Ergiebigkeit der fotographischen These von der Konstruierbarkeit der Bilder und der Welt“.

Ulli Schweckes Fotografien sind Ausdruck dieser Konstruierbarkeit, es ist seine Wahrnehmungskompetenz zu der sich die Kamera gesellt. „Ich fotografiere was ich sehe“.